Zwar war ich nicht selbst in Stuttgart, aber in den vergangenen Jahren bin ich schon einige Male zu Festveranstaltung zu Dreikönig dort gewesen, so dass ich die heutige Stimmung im ehrwürdigen Staatstheater recht gut nachempfinden kann. Verfolgt habe ich die insgesamt fünf Reden als Livestream auf Phoenix. Es ist schon sehr bitter, dass die Dreikönigveranstaltung gar nicht mehr im regulären Programm übertragen wurde, wo man einer Wiederholung „Im Dialog“ den Vorrang gab.
Dreikönig 2013 stand unter dem Motto „Damit Deutschland vorn bleibt.“ Beeindruckend fand ich, wie der 85jährige Hans-Dietrich Genscher mit Jubel als Gast auf dem Podium begrüßt wurde. Ja, das waren noch andere Zeiten.
Philipp Rösler, der als letzter spricht, sieht schlecht aus, aber er wird als einziger seine Rede komplett frei halten. Aus meiner Sicht lassen sich die Reden Dirk Niebel (mutig), Rainer Brüderle (kämpferisch) und Philipp Rösler (intellektuell redlich) in unterschiedliche „Schulen“ einteilen. Niebel fordert „Wir brauchen eine Mannschaftsaufstellung so schnell wie möglich“ und zielt damit auf Rösler. Er wird sehr glaubwürdig, als er ausführt: „Es zerreißt mich innerlich, wenn ich den Zustand der FDP sehe“. Ich muss sagen, dass mich dieser Satz erreicht, stärker als jeder andere in dieser gesamten Veranstaltung. Aber er hat noch alte (Westerwelle-) Rechnungen offen und sein Verhalten kam nicht gut an in der Partei. Wie er die Misere der Partei beenden will – kein Wort.
Nach Niebel spricht Brüderle, der Niebel lobt und Rösler nur einmal, allerdings lobend, erwähnt. Mehr nicht. Er gibt sich kämpferisch und arbeitet sich vor allem an den Grünen ab, was ich aber auch nicht mehr hören kann. Brüderle besetzt das gesamte Feld der Wirtschaftspolitik, ein deutliches Signal gegen Rösler. Er sei im September 40 Jahre in dieser Liberalen Familie. Die FDP dürfe sich nicht klein machen, sie müsse kämpfen, das verlange schon ihre Selbstachtung.
Der Bundesvorsitzende spricht komplett frei, fast eine Stunde, doch der Funke springt nicht über. Er arbeitet Punkt für Punkt des liberalen Grundsatzprogrammes ab, aber mir scheint die Rede gut für eine andere Veranstaltung zu sein, aber eben nicht für diese. Alles hat man schon gehört, wo ist etwas Neues? Ich spüre es nicht und dabei wäre das jetzt so nötig. Vielleicht ist es das Problem: Die Rede ist zu wenig mutig, zu wenig kämpferisch und nicht visionär. Wo soll es nun hingehen? Ich erinnere mich, dass ich dieses Gefühl am 06. Januar 2011 schon einmal hatte als Guido Westerwelle dort sprach: alles toll, alles bekannt, aber ohne Perspektiven. Es ist vielleicht ungerecht so zu urteilen, weil ich es wohl auch nicht besser könnte. Aber wer, wenn nicht der Vorsitzende, muss sagen, wo es langgehen soll?
Gut finde ich allerdings, dass Rösler einen Zwischenruf „Du Arschloch“ aus dem Auditorium ruhig und sachlich antwortet. Er sagt zu Recht: „Glaubwürdigkeit ist eine Frage des Stils“ und meint den Umgang innerhalb und außerhalb der Partei. Am Schluss der Rede wirft er sich für seine Liberalen in Niedersachsen ins Zeug. Die Rede bleibt zu sachlich, manche Pausen wirken unendlich lang. Es schmerzt. Respekt, dass er sich all das antut. Er kämpft. Auf seine Weise. Diese Wertschätzung will ich ihm nicht versagen. Für die Basis (im Wahlkampf) ist es leider wohl zu wenig.
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