Vor gut einer Stunde habe ich erfahren, dass Guido Westerwelle, ehemaliger FDP-Bundesvorsitzender und Ex-Bundesaussenminister in Köln im Alter von nur 54 Jahren gestorben ist. Dieser Blogeintrag ist mir sehr wichtig, weil er mir hilft, auf meine (vielleicht unbedeutende Weise) Abschied zu nehmen, denn irgendwie hat er mich über die Medien und auch sonst politisch über die Jahre immer wieder begleitet. Mag man sagen und denken, was man will: Er war ein Kämpfer, der sich nicht unterkriegen ließ. Er hat die programmatische Erneuerung der FDP mit den Wiesbadener Grundsätzen (1997) vorangebracht, er hat als Generalsekretär und später als Parteichef die FDP modernisiert.
Ich habe ihn damals beim Bundesparteitag im Mai 2001 in der Messehalle in Düsseldorf erleben dürfen („Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt. Und das bin ich!“). Damals ging es darum, wer Bundesvorsitzender werden und ob es einen Kanzlerkandidaten der FDP geben sollte. Ich war beeindruckt von der rhetorischen Kraft seiner komplett frei gehaltenen beeindruckenden Rede. Ich war begeistert von seinem Kampfesmut, sich zu raufen, sich zu streiten. Ja, manchmal war es auch zu schrill („Hier steht die Freiheitsstatur Deutschlands vor Ihnen“, einige Jahre später).
Während des Bundestagswahlkampfes 2005 habe ich ihn erstmals außerhalb der medialen Welt erlebt und fand ihn sehr sympathisch. Damals war auch sein Partner bereits dabei. Was hatte er für ein grandioses Namensgedächtnis! Das Ergebnis der Bundestagswahl 2005 ist bekannt: Trotz erfolgreichem Stimmenzuwachs kam die FDP nicht an die Regierung. Ein Angebot des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, eine Koalition mit der SPD zu vereinbaren, hatte er abgelehnt (was viele leider vergessen haben). Aber in Erinnerung bleibt die legendäre Bundestagsrunde („Ich bin zwar jünger aber nicht blöde“, Guido Westerwelle gegenüber dem polternden Regierungschef), in der Schröder Frau Merkel letztlich in der CDU zur unumstrittenen Kandidatin für das Amt der Bundeskanzlerin machte („Sie glauben doch wohl nicht, dass meine Partei …“).
2009 habe ich erstmals für den Deutschen Bundestag kandidiert und es war mir eine besondere Freude, Guido Westerwelle nicht nur auf der Niedersächsischen Landesvertreterversammlung zur Aufstellung der Landesliste in Laatzen, sondern auch als Redner begrüßen zu können. Zudem hat es auch geklappt, dass er sich in das Goldene Buch der Stadt Laatzen eintrug.
Wie es nach der Bundestagswahl mit 14,8 Prozent der Stimmen weiterging, weiß jeder von uns. Als er auf dem Bundesparteitag im April 2011 nicht mehr antrat, da war der Abschied nach zehn Jahren im Amt sehr bitter („Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt. Und das bin … ich nun nicht mehr“). Alles, was dann folgte, ist ein anderes Thema, das Guido Westerwelle natürlich beschäftigt hat. Er hat darunter gelitten.
Heute ist ein sehr engagiertes Politikerleben zu Ende gegangen. In meiner Buchbesprechung von Majid Sattars: „…und das bin ich“ Guido Westerwelle. Eine politische Biographie, Olzog Verlag, München 2009, 288 S., ISBN 978-3-7892-8303-1, 24,90 € im LI-Kurier 01/2009 ende ich mit dem Satz: „Es drängt sich nach der Lektüre des Buches der Eindruck auf, Westerwelle wolle nun nicht mehr um jeden Preis geliebt, sondern geachtet werden. Verdient hat er es.“
Auf der Website der Westerwelle Foundation findet sich folgender heutiger Eintrag: „Wir haben gekämpft. Wir hatten das Ziel vor Augen. Wir sind dankbar für eine unglaublich tolle gemeinsame Zeit. Die Liebe bleibt.“
Guido Westerwelle und Michael Moritz, Köln, den 18. März 2016